Qualitative Marktforschung – Kunden verstehen oder Kunden zählen?

Qualitativ oder Quantitativ?

Der Artikel erklärt, wo qualitative Marktforschung sinnvoll ist und wie man das Problem der kleinen Anzahl Untersuchter und daher fehlender Repräsentativität relativiert.

To research people ‚qualitatively‘ means that you intend to understand them. This is beyond algorithms. Let me show you how best to do this. I am here to listen to you. (Elif Kus Saillard)

Thema  qualitativer Marktforschung ist das Verstehen. Wie sieht die Welt meiner Zielgruppe aus? Welche Einstellungen hat sie?.

Quantitive Forschung dagegen ermittelt wieviele Personen der Zielgruppe welche Einstellungen haben.  Damit nicht alle Mitglieder befragt werden müssen, wird eine  Stichprobe gezogen.

Viele Unternehmer glauben daher, durch unstrukturierte Beobachtung qualitative Marktforschung ersetzen zu können. Manchmal funktioniert das auch.

Quantitative Marktforschung benutzt repräsentative, große Stichproben und verwendet Statistik zur Beschreibung und Interpretation. Üblich sind ab 500 Befragte.

Der Anspruch qualitativer Marktforschung

qualitative Marktforscher verstehen die Kunden
Qualitave Marktforscher verstehen die Kunden

Qualitative Forschung zeigt wie die Untersuchten denken, wie ihre Welt aussieht. Diskussionen in Fokus-Grupen, Tiefeninterverviews, Bilder, soziale Medien und vieles mehr kann als Datenquelle für qualitative Forschung heran gezogen werden. Vergleiche auch hier (New Market Research Blog)

Der qualitative Marktforscher ist ein aktiver Teil des Forschungsprozess. Er oder sie benutzt ihre Subjektivität zum besseren Verständnis des untersuchten Phänomens. Man möchte verstehen, warum Menschen woran glauben und die Welt auf eine bestimmte Art sehen.

Ein qualitativer Forscher möchte den Prozess zum Beispiel der Auswahl eines Produkts verstehen. Ein quantitativer Forscher möchte Zahlen, Durchschnitte und mehr. Darauf können dann Entscheidungen der Hersteller und Händler aufbauen.

Ein qualitativer Forscher macht kleine Stichproben. Wenn er den Prozess und die Denkweise der Probanden verstanden hat, geht er von einer allgemeinen Gültigkeit aus. Dabei kann folgende Vorgehensweise helfen:

qualitative Marktforschung – wann anwenden?

Qualitative Marktforschung eignet sich dann, wenn von einer größeren Stichprobe keine Änderungen zu erwarten sind. Dies kann man überprüfen, indem zunächst 30 Fragebögen ausgewertet werden. Ergeben sich bei weiteren 10 Fragebögen keine deutlichen Änderungen, werden nochmals 10 Fragebögen hinzugefügt. Können immer noch keine Änderungen der Antworten festgestellt werden, kann die Studie als repräsentativ gelten, vorausgesetzt die antwortenden Teilnehmer repräsentieren die Grundgesamtheit.

Als besonderes geeignet für qualitative Studien gelten:

  • Ideenlisten – wiederholen sich die Einfälle, kann die Studie beendet werden. Studien, die Einfälle der Probanden nicht über strukturierte Fragen, sondern über freie Textangaben erfassen, fallen in diese Kategorie.
  • Alle – oder – keiner-Ergebnisse. Wenn jeder Teilnehmer einer kleinen Studie dasselbe sagt – wie: „Ich sehe in dieser Anzeige einen Bahnhof“, oder „Ich bevorzuge die neue Verpackung“ – sind die Schlüsse auch bei kleinen Stichproben sehr wahrscheinlich gültig.
  • Starke Hypothesen, die von der Studie gestützt werden sollen Wenn wir eine Vermutung haben, und diese wird von der kleinen Stichprobe unterstützt, können wir davon ausgehen dass die Vermutung richtig ist. Wir müssen lediglich überprüfen, ob die zugrunde liegende Hypothese nicht nur Spekulation ist. Diese Art der Marktforschung wird gerne von Journalisten betrieben, die so mit wenigen Interviews auskommen.
  • Verstehen statt messen Wenn ein Prozess wie eine Kaufentscheidung oder die Entscheidung online einzukaufen analysiert werden soll. Sehr gut zum Testen neuer Produkte.

Repräsentativität und qualitative Marktforschung

Bei kleinen Stichproben bleibt das Problem der Repräsentativität. Es gibt keinen statistischen Weg, die Repräsentativität einer nicht-wahrscheinlichen Auswahl sicherzustellen. Hier muss das Urteil des Marktforschers ergänzen: kann das Ergebnis so sein wie die Studie es nahelegt oder gibt es andere, widersprechende Ergebnisse?