Preiselastizität und Gewinne

Preiselastizität und Gewinne

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Der Artikel definiert zunächst Preiselastizität und bespricht dann Methoden, sie zu ermitteln und zu berechnen. Zuletzt: kann die für den Gewinn maßgebliche Preiselastizität durch geeignete produkt- oder kommunikationspolitische Maßnahmen verändert werden?. Abschließend: eine Einführung in die preispolitische Modellbildung.

Preiselastizität

Die Preiselastizität gibt an, wie stark die verkaufte Menge auf eine Preisänderung reagiert. Neben der Preiselastizität ist noch die Einkommenselastizität – da können Sie langfristige Trendanalysen treffen – und die Kreuzpreiselastizität von Bedeutung. Die Preiselastizität hat keine Einheit, ist einfach ein Faktor. Beispiel: Sie haben Ihre Preise um 10% gesenkt, darauf ist Ihre Nachfrage um 20% gestiegen, ergibt eine Preiselastizität der Nachfrage von -2. Zu dem Thema gibt es auch einen interessanten Beitrag vom Preisspezialisten Roman Kmenta.

Sind in dem Beispiel auch die Gewinne gestiegen? Die mathematische Analyse für ein Quasi-Monopol, also kein vergleichbarer Anbieter in der Nähe oder hohe Wechselkosten, finden Sie in diesem Beitrag. Kurz wiederholt: Wenn der alte Preis 5 € war, Sie Stückkosten von 4 € haben und bei einer Preissenkung um 10% auf 4,50 € 20% mehr absetzen, mindern Sie bei einem vorherigen Absatz von 1000 Stück und neuen Absatz von 1200 Stück monatlich den monatlichen Gewinn von 1000 € auf 600 €. Erst bei einer Preiselastizität von -10, also 10% Preissenkung führen zu einer Verdopplung der Nachfrage, erzielen wir wieder denselben Gewinn wie vor der Preissenkung. Erhöhen wir die Preise um 10%, also von 5 € auf 5,50 €, sinkt bei einer Preiselastizität von -2 die Nachfrage um 20% gesunken und der Gewinn steigt auf 200 €. Bei einer Preiselastizität von -10 senkt eine Preiserhöhung um 10% die Umsätze auf Null, es wird nichts mehr verkauft.

Wie finde ich die Preiselastizität heraus

Da gibt es mehrere Methoden. Die erste ist Versuch und Irrtum mit der kompletten Produktpalette. Das ist bei Fehlern teuer und verunsichert die Kunden. Die zweite Methode ist auch Schätzung, kann aber einfacher Marktforschung durch unstrukturierte Befragung und Konkurrenzbeobachtung unterlegt werden. Die dritte Methode ist richtige Marktforschung mit Kundenbefragung. Können ähnliche Produkte zu stark unterschiedlichen Preisen angeboten werden, kann man die ermittelten Umsätze gezielt zur Ermittlung der Preiselastizität heranziehen.

Lässt sich die Preiselastizität auch verändern?

Die Preiselastizität der Nachfrage hängt davon ab, wie unsere Kunden den Preis empfinden. Zu hoch, zu niedrig? Zur Preiswahrnehmung gibt es einige Theorien, die Kundenreaktionen einsortieren helfen.

Die erste ist das S-O-R- Modell, Stimulus Organismus Reaktion.

Das S-O-R-Paradigma (auch SOR-Modell bzw. SOR-Schema) basiert auf dem neobehavioristischen Konzept der Verknüpfung von:
S: Stimulus (Reiz)
O: Vorgänge im Organismus
R: Reaktion des Organismus
Ihm liegt die Vorstellung zugrunde, dass ein Stimulus (zum Beispiel eine Werbeaussage zu einem bestimmten Handelsprodukt oder das Entlohnungssystem) im Organismus verarbeitet wird (zum Beispiel in Form von Motivations-, Entscheidungs- oder Lernprozessen) und sodann zu Reaktionen führt (zum Beispiel zu verändertem Konsumverhalten oder zu gesteigerter Arbeitsleistung). Die Preisinformation, also auch ein Schreiben über Preiserhöhung/Senkung ist ein Stimulus. Der Kunde vergleicht also den Preis mit den bisherigen Informationen in seinem Gehirn – oder er wirft die Suchmaschine an, um zu sehen was die Konkurrenz nimmt. Haben wir vorher natürlich auch getan, so dass uns das nicht schreckt.

Adaption-Level-Theorie
Die Adaption-Level-Theorie. Zeigt den Bereich an, in dem der Kunde den Preis als akzeptabel finden.

Bei Dienstleistern gibt es natürlich auch die versteckte Preiserhöhung. Die mit den niedrigen Stundensätzen berechnen mehr Nebenzeiten als Arbeitszeit als die mit den hohen Stundensätzen. So vermeidet man, beim Kunden einen Stimulus auszulösen.

Kennt der Interessent den Preis und das Produkt, wird er vergleichen:

Normalerweise findet der Interessent einen breiten Bereich als akzeptabel, nur diejenigen, die den Preis eh schon ganz rechts sehen, also fast zu hoch.

Daneben gibt es noch die Theorie der Ankerpreise, die sich empirisch im Einzelhandel gut belegen läßt. Gemeint ist, dass der Kunde Referenzpreise im Kopf hat und weiß, was zu billig und was zu teuer ist. Wenn das Unternehmen bisher zu billig angeboten hat – rauf mit den Preisen :-). Aber Vorsicht: über günstige Preise lässt sich zweitklassige Qualität verkaufen. Deswegen muss der Verkäufer wissen, wie er qualitativ vom Kunden wahr genommen wird.

Assimilation-Kontrast-Theorie zur Preiselastizität
Das Bild zeigt die Assimilation-Kontrast-Theorie, mit Kontrast-Preisen und der akzeptierten Spanne

Grundsätzlich gilt: bleiben wir mit unseren Preisen im akzeptablen Bereich, oder gelingt es den akzeptablen Bereich zu verschieben, werden bei Preiserhöhungen kaum Kunden davon laufen.

Die Grafik links zeigt symbolisch, dass sich die Preiswahrnehmung auch verschieben lässt.

Und wie finde ich es jetzt wirklich heraus?

Erfahrung und Berechnung. Elektronische Preisauszeichnung ermöglicht schnelles Verändern der Preise, und die Nachfrageveränderung kann aus den laufenden Kassendaten entnommen werden. Nicht jeder Lieferant kann und will seinen Kunden ständige Preisänderungen zumuten. Aus diesen Daten entwickelte selbstlernende Prognosemodelle funktionieren dann gut, wenn weitere Daten in das Modell aufgenommen werden, z. B. Preise der Konkurrenz, Wetter, Jahreszeit, etc. Die für diese Vorgehensweise notwendige EDV-Ausstattung ist in den letzten Jahren sehr günstig geworden. Teuer ist hier die Einführung und Entwicklung eines belastbaren Prognosemodells.

Die klassische Marktforschung mit Versuchspersonen hat auch Lösungen parat. Vor etwa 50 Jahren wurde die Conjoint-Analyse entwickelt. Diese vergleicht ähnliche Artikel mit unterschiedlichen Eigenschaften, z. B. Mobiltelefone 4- oder 5 Zoll-Bildschirm, unterschiedliche Auflösung, Gewicht, Preis, Speicherausstattung und Preis. Hier lässt sich die Bedeutung des Preises ausrechnen. Nachteilig ist der statische Charakter. Man hofft, dass die Ergebnisse einer Studie zumindest ein Jahr halten. Dies trifft nicht immer zu. Zudem sind Conjoints mit 50 Versuchspersonen kaum unter 5000 € zu bekommen.

Neben Fragen wie die nach dem Return on Investment des eingesetzten Werbebudgets kann dies auch zur Ermittlung der Preiselastizität eingesetzt werden – und der Elastizität des Umsatzes bezogen auf die Werbeausgaben.

Published by Johannes Winterhalter
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One thought on “Preiselastizität und Gewinne

  1. Post Author Johannes Winterhalter

    Die Preiselastizität hängt natürlich auch vom Preissegment ab. Und für Mathematiker: bei einer linearen Preis-Absatzfunktion verändert sich diese mit wachsenden Mengen und Preisen

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